Entscheidungsdoping – was wir von Köttbullar und Einstein lernen können

Entscheidungsdoping – was wir von Köttbullar und Einstein lernen können

Glukose macht schlau

Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman hat es nachgewiesen: Wir sind nicht rational. Wir glauben nur, wir wären es und wir träfen Entscheidungen nach Vernunft und Faktenlage. Nein, je leerer der Magen, je zahlreicher die Entweder-Oder und je später der Tag, desto irrationaler werden wir.
Kahnemann hat z.B. die Urteile von Richtern analysiert: Nicht die Schwere der Tat, nicht Hautfarbe oder Geschlecht der Delinquenten waren ausschlaggebend für die Härte der Verurteilungen – sondern die Uhrzeit des Richterspruchs. Morgens und nach dem Mittagessen war das Strafmaß um bis zu 80% milder.

“Bauch” oder Kopf , Risiken und Chancen – unser Gehirn braucht viel Energie, wenn wir Entscheidungen treffen. Je komplexer und häufiger diese sind, umso schneller entlädt sich unser Entscheidungsakku, bis wir abends keine gute Wahl mehr treffen können.
Das einzige was hilft, ist Glukose – Süßigkeiten erhöhen unsere Entscheidungskraft.

Köttbullar, der schwedische Taschendieb

Diese Zusammenhänge sind gut erforscht und werden vor allem im Handel gezielt angewandt: Was glauben Sie, warum bei IKEA das Restaurant genau in der Mitte des Wahlmarathons liegt und das Essen so spottbillig ist? Die Schweden sorgen dafür, dass Sie wieder fit sind, um sich für die richtigen Kissen entscheiden zu können. Das Restaurant ist der Umsatzmotor für das komplette Untergeschoss. Auch die Tatsache, dass oben Teuer und unten Billig steht, dass also nach der Kaufhalbzeit nur noch die einfachen Entscheidungen getroffen werden müssen, ist kein Zufall, sondern intelligente Ausnutzung unsere schwachen Hirns. Köttbullar, möglichst noch mit Preiselbeermarmelade (Glukose!) sorgen also dafür, dass Sie von der Grabbelware deutlich mehr mitnehmen, als geplant. Und dann auch noch denken, sie hätten die freie Wahl gehabt.

nur noch 148 Mails checken

Und in Ihrer Firma? Wird der Hirnforschung da auch wie bei IKEA irgendwelcher Tribut gezollt? Ich bezweifle es. Der Neurowissenschaftler und Psychologe Daniel Levitin von der McGill Universität in Montreal hat errechnet, dass wir mittlerweile jeden Tag 74 Gigabyte an Informationen verarbeiten – das sind neun DVDs. Früher dachten wir, wir könnten uns auf bis zu neun Dinge gleichzeitig konzentrieren. Heute wissen wir: Da haben wir uns enorm überschätzt. Alles, was über drei Dinge gleichzeitig hinausgeht, geht auf Kosten der Hirnleistung.

Nicht nur der zunehmende Mailverkehr, Telefonate und News aus den sozialen Netzwerken verkleistern unser Hirn – der Wahlwahnsinn geht nach Feierabend ja munter weiter: Einkauf, Kino- und Fernsehprogramm, Urlaubsziele – mit der Globalisierung ist plötzlich alles möglich.
Und so treffen wir immer früher am Tag nur noch Default-Entscheidungen. Sprich – von den möglichen Varianten wählen wir nur noch den Standard, entscheiden uns für das, was wir schon kennen. Was das langfristig mit der Innovationsfähigkeit und -höhe Ihres Unternehmens macht, dürfte klar sein.

Der schwarze Rolli

Wissen Sie, was Albert Einstein, Alfred Hitchcock und Steve Jobs gemeinsam hatten? Um der eigenen Entscheidungsträgheit zu begegnen und die Hirnkapazität nicht für unwichtige Dinge zu vergeuden, hatten alle den Kleiderschrank voll mit identischen Outfits.

Entscheidungsflut eindämmen und Informationsüberflutung drosseln! Wenn Sie nicht den ganzen Tag Schokoriegel in sich rein futtern wollen, um klarer denken zu können, hilft eine Reizreduktion Ihrer Arbeitsumgebung.
Ob Sie wie VW den Mailverkehr Ihrer Mitarbeiter nach Feierabend drastisch drosseln oder wie Jason Fried, der Gründer von Basecamp einen redefreien Donnerstag einführen – jedes Bit an Informationen, das nicht in Ihr Hirn rein kommt, müssen Sie auch nicht mit Kalorien kompensieren.

Wenn also alle mal die Klappe halten und sinnlose Mails vermeiden, bekommt man nicht nur endlich mal was weggearbeitet und trifft die besseren Entscheidungen – man bleibt auch noch schlank.

Hier noch eine Verlinkung zum Buch „schnelles Denken, langsames Denken

01.09.2017 in

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