#Null Empfang – der verbockte erste Eindruck

#Null Empfang –  der verbockte erste Eindruck

Haben Sie Ihrem Auto mal ins Gesicht geschaut? Und? Schaut es grimmig, verträumt oder eher putzig drein? Dass die Frontpartien der Karossen menscheln, ist kein Zufall, sondern harte Arbeit. Sie sollen eine Beziehung aufbauen.
Jeder Mensch sucht instinktiv in leblosen Gegenständen nach vertrauten Formen und oft erkennen wir sogar vermeintlich Gesichter – sei es bei unserer Kaffeemaschine, beim Staubsauger oder eben beim Mann im Mond. Es gibt mittlerweile Websites, auf denen Menschen aus aller Welt grimassierende Alltagsgegenstände sammeln. Designer nutzen diesen genetisch verankerten Bedeutungssuchmodus ganz bewußt, um die Gefühlswelt ihrer Zielkunden zu beeinflussen. Räume können das auch.

Lächelnde Empfangstresen

Wenn Sie morgens in Ihr Büro kommen – lächelt da irgendwas? Oder stiert Sie der Empfangstresen nur dümmlich ausdruckslos an? Was denken Sie? Hat sich bei Ihnen irgendjemand gesteigerte Mühe gegeben, dem Eingangsbereich Ihres Unternehmens eine positive Atmosphäre zu verleihen? Oder ist es eher die freundliche Empfangsdame, die der eigentlichen Unwirtlichkeit des Entrees mit polierten Äpfeln, frischen Blumen oder bunten Bonbons zu begegnen versucht?

unbestechliche #Amygdala

An der Fakultät für Architekturpsychologie der Uni Dresden entstand 2008 eine Forschungsarbeit mit dem Titel: „Der Einfluss der Warteraumgestaltung auf die Einschätzung der ärztlichen Kompetenz“.
Wenn sich Patienten – ohne den Arzt je gesehen zu haben – ein Bild von seiner Kompetenz machen und mit der Bewertung schon im Wartezimmer anfangen, dann können Sie sicher sein, dass sich Ihre Kunden, Bewerber, Nachunternehmer auch ein Bild von Ihrer Kompetenz machen, weit bevor Sie ihnen im Besprechungsraum beim Kaffee gegenüber sitzen. Da ist die Einschätzung nämlich schon fix und fertig.
Ist der Start bereits verbockt – haben Sie harte Arbeit vor sich. Grund dafür ist übrigens die Amygdala – der Mandelkern. Sie ist im Gehirn für mittel- und langfristige Speichervorgänge zuständig und hält ziemlich gnadenlos vor allem an negativen „ersten Eindrücken“ fest.

Überleben im #Alltagsdschungel

Das Überleben und Wachstum unserer Spezies basiert auf unserer Fähigkeit, Situationen einschätzen zu können, bevor Sie kommen – Wetter, wilde Tiere, Nahrungsreichtum der Umgebung – immer war es wichtig, diese richtig vorhersehen zu können, bevor wir uns niederließen an Berghängen, Flüssen, an Weggabelungen. Wer heute z.B. den Urlaub plant oder einen neuen Kühlschrank kaufen will, hat es bedeutend einfacher als unsere Vorfahren. Die 14-Tages Wettervorhersage oder die kritisch vergebenen Bewertungssternchen vom Käufer machen eine Einschätzbarkeit relativ sicher.
Die Amygdala arbeitet trotzdem unbeirrt weiter, der erste Blick bleibt unbestechlich.
Sollten Sie allerdings versucht sein, eine zweifelhafte Unternehmenskultur mittels innenarchitektonischer Kniffe verschleiern zu wollen: sparen Sie das Geld. Die Amygdala ist, wie gesagt, unbestechlich – investieren Sie lieber in gutes Führungskräftecoaching.

Vom Jäger zum Gejagten

Wie ist es nun mit einem neuen Bewerber, der zu Ihnen in die Firma kommt? Noch vor wenigen Jahren standen den Firmen komplexe Tools zu Verfügung, um aus der Überzahl der Bewerber den mit den besten kognitiven und emotionalen Eigenschaften auszuwählen. Heute sind die meisten Unternehmen schon froh, wenn Sie überhaupt eine brauchbare Auswahl auf die Stellenanzeige bekommen. Und mit dem immer reichhaltiger werdenden Stellenangebot werden die Bewerber nun diejenigen, die auswählen.

Sie als Firma sind nun diejenigen, die im Vorfeld analysiert und durchleuchtet werden. Welche guten Gründe hat ein Hochschulabsolvent, sich bei Ihnen niederzulassen? Stimmt die Lage, die Work-Live-Balance? Bieten Kantine und Teeküche das richtige Nahrungsangebot? Wie geht man in Ihrem Unternehmen miteinander um? Sind die Chefs gut drauf?

Kienbaum analysiert Jahr für Jahr die Entscheidungskriterien der Absolventen – und die gute Arbeitsatmosphäre steht mittlerweile auf Platz eins – weit vor dem Gehalt. Haben Sie eine Ahnung, welche Wege Bewerber gehen, um sich vorm Bewerbungsgespräch ein Bild von Ihnen zu manchen?
Jede Minute Arbeitszeit ist auch Lebenszeit – und während die Boomergeneration noch den Rücken krumm gemacht hat nur für die Sicherheit eines guten Gehaltes, wollen Bewerber wissen, auf WEN sie sich einlassen.

Vom Empfang zum Empfangen

Ist in Ihrem Unternehmen schon jemand auf die Idee gekommen, die Erkenntnisse aus Marketing, Kienbaum und Hirnforschung gezielt zu nutzen, um Sie auch auf den ersten Blick einladend aussehen zu lassen? Die Sieger im War of Talents haben längst damit angefangen. Ihre Bürogestaltung erzählt ganze Storys und der Empfang sagt mehr als tausend Unternehmenswerte auf der Internetseite.
Wenn Ihr Unternehmen also eigentlich ganz ok ist, sie die Geschichte aber nicht erzählen – so ist das blöd, aber es läßt sich ändern.
Hören Sie auf zu repräsentieren, erzählen Sie von sich, laden Sie ein in Ihr Team, begrüßen Sie Ihre Gäste mit Wärme. Geben Sie der freundlichen Empfangsdame nicht nur Äpfel, sondern den richtigen Rahmen, um die Amygdala Ihrer Besucher zum Lächeln zu bringen.

18.06.2017 in

Feedback