Flurfunk – Die Macht der informellen Kommunikation
“Klären wir auf dem kurzen Dienstweg” – ein Augenzwinkern, ein Lächeln, ein gutes Gefühl! Zwischenmenschlicher Austausch ist die Butter auf dem Brot, das ist seit den Anfängen der Human-Relations-Bewegung in den 1930er Jahren bekannt. Praktisch genutzt wird das Wissen um die Kraft der zwanglosen Pausengespräche nur selten.
Um so erstaunter waren wir, als bei der Planungsbesprechung mit einem großen Kunden der Geschäftsführer meinte: „Planen sie Nichtraucher-Inseln, und das nicht zu knapp!” Als Chef einer Belegschaft mit einem Drittel Raucheranteil wollte er die Zigarettenpausen-Vorteile seiner Raucher ganz bewusst auf den Rest der Mitarbeiter übertragen. Und plötzlich waren wir mittendrin in einer Diskussion darüber, welche “Vorteile” das Rauchen für ein Unternehmen haben kann. Vorteile? Man kann das doch nicht auch noch unterstützen… oder doch? Nein, es ging uns darum, ganz emotionsfrei zu schauen, welche Unterschiede es zwischen dem Tagesablauf von Rauchern und Nichtrauchern gibt.
Lassen wir mal den Glimmstängel weg, so verfolgen Raucher durchaus positive Rituale: Regelmässig aufstehen (Gut für die Bandscheibe); den Schreibtisch verlassen (Probleme kurz mal liegen lassen); rausgehen (Frische Luft); in Grüppchen herumstehen (hierarchiefreier Dialog).
“Lass uns Eine rauchen gehen” – wofür steht denn das eigentlich? Natürlich nicht für ein formelles Gespräch, ganz im Gegenteil. Die Zigarettenpause ist zum ausatmen, durchatmen… Draußen redet man nicht über Fachthemen, draußen redet man über Hobbies und Privates. Die Vernetzung findet auch auf einer Ebene statt, die eher weich ist, eher zwischenmenschlich. Letztens erzählte eine Personalchefin: “Wenn ich eine Woche im Urlaub war, brauch ich ungefähr zwei Zigarettenlängen, um wieder auf Stand zu kommen. Wer hat sich letzte Woche mit wem gezofft, wer hat geheiratet, wo gab es Stress, wo sind neue Projekte, die gut geworden sind, wo sind neue Erfolge oder Misserfolge”. Zigarettenpausen sind also auch ein News-Turbo.
Wie also schmuggelt man Rituale in den Arbeitsalltag, die ähnliches leisten können? Es gibt gemeinsame sportliche Aktivitäten wie Kicker oder Tischtennis, im angloamerkianischen Raum gibt es so genannte social evenings – als Architekten stellen wir ausserdem fest, dass bereits Kaffeebars, Teeküchen oder Loungeecken, also spezielle Areale, in denen keine hierarchischen Barrieren vorhanden sind, ein guter Anfang sind.
Wichtig ist aber, dass man, wenn man ein Substitut für das Rauchen finden will, dieses ganz gezielt implementieren muss. Führung und Mitarbeiter müssen gemeinsam entscheiden, welche Rituale passen. Und – ganz wichtig – diese müssen dann als positiv vom Unternehmen installiert werden, vor allem von den Führungskräften. Das bewusste Zulassen, das Unterstützen von Pausen, das Einplanen von Orten, an denen nicht gearbeitet wird, bedeutet für viele Unternehmen einen Kulturwandel. Immer noch. Einen Wandel zu neuen Wegen, kurzen Dienstwegen.
01.03.2014 in place