Grillt den Controller! – Wer andere aus dem Blechnapf fressen lässt

Grillt den Controller! – Wer andere aus dem Blechnapf fressen lässt

Unsere aus der Praxis entwickelte Theorie: Die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens lässt sich an der Größe der Teeküchen messen. Wir haben daraus einen für uns funktionierenden “Teeküchenindex” entwickelt: Je mickriger und trostloser der aktuelle Zustand, umso geringer die Wahrscheinlichkeit, dass das Unternehmen Geld für unsere Leistungen als Arbeitsweltverbesserer ausgeben wird. Wer seine Mitarbeiter nur mit dem Notwendigsten abspeist, gibt erst recht kein Geld für Farbe oder emotional anregende Räume aus. Nahrungsaufnahme, vom Kaffee bis zum Gemüseeintopf, ist in den meisten deutschen Büros schlichtweg zum Kotzen!

Die üblichen Verdächtigen

Eine Assiette ist ein normgeformtes Stück Aluminium, in das morgens um 5:00 Uhr Essen eingefüllt wird, das dann gegen 12:30 Uhr von denen hintergewürgt wird, die nicht das Glück haben, in einem innenstadtnahen Büro zu sitzen. Sie wird besonders gern eingesetzt von Unternehmen in Gewerbegebieten weit ab vom Schuss und damit vom nächsten Supermarkt.

Eine Teeküche ist ein Funktionsraum – ca. 3,00 x 1,50 m groß, ausgestattet mit leicht zu pflegenden Oberflächen, Kühlschrank, Kaffeemaschine – maximal noch Mikrowelle. Beim Ein- und Ausräumen des Geschirrspülers müssen alle über Kleidergröße 34 dank euphemistisch überzogener Flächenökonomie gleichzeitig Ellenbogen und Hintern einklappen, um nicht irgendwo stecken zu bleiben.

Eine Kantine ist ein großer kahler Raum mit vielen identischen, eng zusammen stehenden Tischen. Oft erinnert das Ambiente an eine Jugendstrafanstalt. Die lieblos ausgesuchten Stühle machen beim Verrücken richtig schön Krach und sorgen damit für die typische, kultur- und länderübergreifende Geräuschkulisse. Multifunktional Geld bei der Einrichtung gespart und für Effizienz gesorgt: wer unter solchen Bedingungen sein Essen einnimmt, kommt nicht auf die Idee, es länger als nötig auszudehnen. Somit reicht die knappe halbe Stunde Mittagspause vollkommen aus.

Neanderthaler

Wie konnten wir nur soweit sinken, dass Kantine, Teeküche und Assiette alles sind, was von unserer uralten Essenkultur im Büroalltag übrig geblieben ist?

Wir haben jahrtausendelang Abend für Abend mit unserer Sippe an Lagerfeuern gesessen, stundenlang auf einem Stück Mammut rumgekaut, dabei die Sterne beobachtet, uns Geschichten erzählt, Sagen und Mythen ausgetauscht. Das Kochen gehört zu den ältesten und wichtigsten Kulturtechniken des Menschen. Die stetige Weiterentwicklung von Messern, Töpfen und Öfen war Triebfeder für unseren Erfindungsgeist. Gewürze spielten im Mittelalter und der frühen Neuzeit eine ebenso bedeutende wirtschaftliche und politische Rolle wie heute das Erdöl. Unsere geistige und kulturelle Entwicklung ist während Jagd, Zubereitung und Verzehr von Nahrung geprägt worden. Und jetzt sitzen wir eingepfercht in trostlosen Räumen oder pfeifen uns aus Verzweiflung im Stehen eine 5-Minuten-Terrine rein.

Eine Kantine zum Verlieben

Massimo ist Koch und Gastwirt aus Leidenschaft. Seit sieben Jahr allerdings legt er abends lieber seinen kleinen Sohn Luca ins Bett als Pizzas in seinen Steinofen. Und so kam es, dass Massimo in Köthen bei mercateo mittags bis zu 100 Mitarbeiter frisch bekocht – für knapp drei Euro pro Gericht. Massimo singt in der Küche, hantiert mit duftenden Kräutern und die Mitarbeiter fühlen sich wie Stammgäste bei Mamma Italia.

Probleme gibt es nur donnerstags – denn da ist Pizzatag. Rein zufällig finden sich dann bei mercateo so viele Kunden und Nachunternehmer ein (wohlwissend, dass sie zum Essen eingeladen werden), dass ist der Andrang kaum zu bewältigen ist.

Inhalt UND Form… beim neuen Mitarbeiterrestaurant für Ritter Sport haben wir uns intensiv damit beschäftigt, wie eine “Kantine” zu einem Erlebnisort wird, wo man wirklich auftanken; regenerieren kann. Das Restaurant sollte – so der ausdrückliche Wunsch von Frau Ritter – zum Treffpunkt werden für alle Mitarbeiter aus Produktion und Verwaltung. Unsere Lösung: eine hierarchiefreie Gestaltung, Ausblick ins Grüne, warme Materialien, Plätze für Stammtischsitzer, Noch-auf-einen-Kaffee-Bleiber, Plaudergruppen und Mittagsentspanner.

Die Diversität der Möblierung, das Nicht-Kantinenhafte des Raumes sorgen heute dafür, dass Meetings in den ungenutzten Zeiten auf die Kantine ausweichen und Bewerbungsgespräch hier, statt in einem Besprechungsraum stattfinden.

Im U-Boot in See-Not

Der römische Dichter Juvenal wusste bereits vor 2000 Jahren: ein gesunder Geist wohnt in einem gesunden Körper. Innovation, Leistungsfähigkeit, Zufriedenheit hängen mit dem Grundbedürfnis “Nahrungsaufnahme” enger zusammen, als man denken mag. Unternehmen mit guter Essensversorgung haben eine geringere Fluktuation, deutlich mehr qualifizierte Bewerber und das liegt gar nicht am Essen selber, sondern vor allem an der wertschätzenden Haltung gegenüber den Mitarbeitern, die dadurch zum Ausdruck kommt.

Unternehmen mit U-Boot-kombüsengroßen Teeküchen machen genau das: Absaufen.

27.03.2015 in

Feedback